Atmende Wände

Atmende Wände

Kennen Sie das Märchen der atmenden Wände?

Immer wieder begegnet einem die Meinung, die Wände eines Hauses müssten atmen, damit sich die Luft im Haus erneuern kann.
Diese Meinung ist längst überholt, sie hat sich aber offenbar in den Köpfen festgesetzt.

Ritzen und Leckagen in der Bauhülle sind absolut ungeeignet als Ersatz für ein modernes, energiesparendes Lüftungssystem. Auch die Diffusionseigenschaft von Baustoffen in der Bauhülle kann diese Aufgabe nicht übernehmen. Es gibt keine Bauweise, die für sich reklamieren kann, dass bei ihr eine Lüftung nicht erforderlich ist. Es sei denn, die Ausführung ist im Gesamten undicht.
Zufuhr von Sauerstoff, Feuchtigkeitsausbringung über die verbrauchte Luft und Reduktion von CO2 und Schadstoffen in der Wohnluft ist ausschließlich die Aufgabe der Lüftung.

Der Begriff  "atmende Wände, atmendes Haus" gilt in Fachkreisen als unseriös, selbst bei den meisten Baubiologen. Heute sind sich alle Fachleute einig, dass ein atmen der Wand im Sinne eines Luftaustausches nicht stattfindet.

Es bleibt jedoch die Frage nach der Feuchteabfuhr. Tragen Diffusionsvorgänge durch die Außenwand zur Entfeuchtung bei?
Auch hier kann keine Rede von atmenden Wänden sein. In der Tat findet durch Diffusionsvorgänge ein Feuchtetransport durch die Außenwände statt. Jedoch ist die dadurch abgeführte Feuchtemenge ca. hundertmal geringer als die durch Lüftung abführbare Feuchte. Eine äußere Wärmedämmung halbiert zwar den Feuchtetransport durch die Wand, ändert aber nichts daran, dass die Feuchte durch Lüftung abtransportiert werden muss. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass für das Wohlbefinden des Menschen in einem Raum die inneren 1 bis 1,5cm des Wandaufbaus von grosser Bedeutung sind. Insbesondere die Möglichkeit  zur Sorbtion, d.h. zur Feuchtepufferung, ist von grosser Bedeutung. Darunter liegende diffusionsdichte Schichten verändern die Raumfeuchte nicht. Natürlich muss die Wand einen ausreichenden Wärmeschutz aufweisen, da sonst die innere Oberflächentemperatur zu niedrig ist und wir Kälte durch den Strahlungsaustausch empfinden und Schimmelpilzwachstum riskieren. Außerdem muss die Wand den richtigen bauphysikalischen Aufbau haben, damit im Wandaufbau kein Tauwasser ansfällt.

Das ist auch schon alles. "Atmen"- im Sinne von Luftdurchlässigkeit oder von Feuchteabtransport- können (und müssen) Wände nicht.